Ausgabe 14 - 7. Februar 2023 - Die Fieberstille
Show notes
ROMANTICK - Gefühle, Gedanken, Geschichten: Der Podcast von Axel Wolph.
Axel Wolph schreibt endlich (wieder). Nicht nur Songs und Liedertexte, nein, er startet seinen eigenen, ersten Podcast, schreibt und liest Essays und Kurzgeschichten. Ehrliche, autobiografische Einblicke in ein Künstlerleben, das mit einer wildromantischen Kindheit einst seinen Anfang fand.
Show transcript
PODCAST Ausgabe 14 - 07.02.23
SIGNATIONBEGRÜßUNG - Corona, Stille, Lieber Februar-Video Performance Google Ads, Songwriting.
TITEL: Die Fieberstille. Ein Kurzbericht über einen mir bisher noch unbekannten Weg zur inneren Stille.
Eigentlich wollte ich heute eine Serie von Aufsätzen zum Thema „Songwriting - Wie, wo und warum schrieb ich diesen Song“ beginnen und damit erste Einblicke in mein über zwanzigjähriges Schaffen als Singer-Songwriter, Komponist und Musikproduzent geben. Doch wie so oft im Leben kam mal wieder alles anders. Trotz meiner dreifachen Corona-Schutzimpfung und einmaligen Genesung letzten April, hatte ich die Ehre nochmals die Qualitäten dieses Chinesischen Wundervirus zu erleben. Diesmal sogar noch in etwas schärferer Gangart als beim Erstversuch. Somit lag ich heute vor einer Woche mit bis zu 41,4 Grad Fieber - ja, ich wusste selbst auch nicht, dass das bei einem Erwachsenen überhaupt geht - in unserem Ehebett. Eigentlich keine riesige Schlafstätte, aber des Öfteren fühlte ich mich an die Worte von Gordon Sumner aka Sting erinnert: „The bed’s too big without you…“, wobei sich das „you“ in diesem Falle an mich selbst richtete. Wo bin ich? Was ist bloß los mit mir? Drei Tage lang kämpfte ich immer wieder mit Fieber-Spitzenwerten über 40 Grad - bis ich endlich mit der Hilfe einer befreundeten Ärztin das richtige Mittel gegen diese absolut unempfehlenswerten Körpertemperaturen gefunden hatte. Wen es interessiert: die Mittel der Stunde waren Ibuprofen und Parkemed, dreimal am Tag. Diese kleinen Wunderpillen - es sei erwähnt, dass ich schönerweise bis jetzt seltenst Schmerzmittel brauchte - ließen mein Fieberschiff aus meterhohen Wellen in ruhigere Gewässer gleiten. Unglaublich welch großen Unterschied es macht, ob man nun läppische 39 oder imposante 41 Grad Fieber hat. Eine neue Erfahrung, aber dazu heute ausnahmsweise etwas später noch mehr. Ich versuche ja am Puls der Zeit zu bleiben und gehe sämtlichen Trends und hippen Sachen immer gleich auf den Grund - natürlich nicht. Scherzal. Ich bin kein urbaner Hipster wie anno dazumal mehr. Bevor ich meine Worte und Gedanken allerdings in Richtung „Fieberstille“ lenke noch kurz ein Update zum Thema der letzten Ausgabe, sprich „Algorithmen“:
Ich habe euch ja vor zwei Wochen ein Kurzreferat zu meinen Erfahrungen mit dem ach so wichtigen Thema unserer Zeit, namens „Following“, ja der selbstgenerierten Reichweite als Künstler, gehalten. Und da ich nach wie vor sehr neugierig bin, habe ich mit dem neuen Video zu meinem ROMANTICK Song „Lieber Februar“ einen neuen Selbstversuch gestartet. Das Video erreichte in den ersten 14 Tagen nach dem Release am 20. Jänner 2023 ohne jeglicher finanzieller Werbe-Unterstützung 142 Menschen. Wow, mager, sehr mager. Vor vier Tagen habe ich nun eine Google Ads Kampagne mit 5€ Tagesbudget in Österreich, Deutschland und der Schweiz gestartet. Gerade eben habe ich die aktuellen Zahlen nach 4 Tagen abgerufen: derzeit stehen wir bei 2164 Videoaufrufen auf YouTube. Mehr als 15mal so viele Aufrufe in vier Tagen mit Werbeunterstützung als in 14 Tagen ohne. Ich denke, dies alleine sagt schon sehr viel aus und zeigt uns abermals, wie der Hase läuft da draußen.
Hier kommt mir eine kleine Geschichte aus meiner Kalifornienzeit spontan in den Sinn. Als ich, ich denke, es war 2007, erstmals in Los Angeles im „The Gig“ auf Melrose Avenue einen Gig spielte, musste ich im Vorfeld die sogenannte „pay for play“ Vorgehensweise kennenlernen. „Was ist das jetzt wieder?“ - ja, das dachte ich mir damals auch. Dies bedeutet, dass man, wenn man in einem Club als Nobody spielen möchte, gerne spielen kann, wenn man dafür bezahlt. Also nicht der Künstler oder wie man im Land der unmöglichen Begrenztheiten gerne sagt, der Act wird vom Veranstalter für seine Darbietung bezahlt, sondern genau umgekehrt. Dies war damals in meiner Zweitheimat Wien tatsächlich noch ganz anders. Entweder bekam man eine Fixgage oder machte sich mit dem Veranstalter einen Tickets-Deal aus, sprich teilte sich die Einnahmen durch den Ticketsverkauf untereinander nach einem vorher vereinbarten Aufteilungsschlüssel auf. In der Stadt der verlorenen Engel, wie man sie vor Ort gerne zutreffend nennt, war und ist dies bis heute eben anders. Meistens muss man dem Veranstalter einfach eine gewisse Anzahl an Tickets vorab abkaufen, um spielen zu dürfen. Das betriebswirtschaftliche Risiko wird demnach zur Gänze dem Act zugeschrieben und übergeben. Und irgendwie erinnert mich dies an die bereits geschilderte Following-Sache, so wie der Musikmanager in London zutreffend meinte: „There is no following right now, so let’s wait.“
Mit diesem Paradigmenwechsel vom ursprünglichen Musikbusiness, wie ich es in meinen Anfangsjahren auch noch kennenlernen durfte, hin zum heutigen „Do It Yourself“ Selbstvermarktungsprinzip habe ich damals wie heute so meine Problemchen. Nicht, weil ich ein konservativer Starrkopf und Früher war alles besser-Denker bin - ganz und gar nicht - sondern, weil ich nach wie vor ein Fan von Professionalität und Berufung bin. Was meine ich damit: Ja, ein Künstler sollte heutzutage - wie auch übrigens damals schon - eine Ahnung davon haben, wie man Musik vermarkten und verkaufen kann. Ich bin aber dennoch der Ansicht und Meinung, dass es auch heute noch immer so wie damals unterschiedliche Rollen in der Musikbranche gibt. Kurz anders gesagt: Die eierlegende Wollmilchsau gibt es de facto nicht. Und wenn es sie erfolgreich gäbe, dann wäre ich wohl selbst ein gutes Beispiel dafür. Ich kann viel und meine dies bescheiden. Ich schrieb bisher ca. 300 Songs und habe über 100 davon bereits veröffentlicht. Ich habe meine Alben meistens selbst im eigenen Studio alleine oder mit Gastmusikern eingespielt, aufgenommen und produziert und die meisten meiner Releases auch selbst gemischt. Auch die Album-Artworks sowie zahlreiche Videos kommen von meinen Apple-Computern. Ja, ich habe mit United Indies auch ein eigenes Plattenlabel und schon vieles veröffentlicht und vermarktet, von Grammatneusiedl bis New York City Radio- und Promokampagnen geschalten und finanziert. Ich erwähne dies alles nicht als Angeber, sondern, weil ich es als Autodidakt einfach so gemacht habe. Manches erfolglos, manches erfolgreicher. Dass meine Alben und Songs in Übersee auf hunderten Radiostationen liefen, war zum Beispiel ein schöner Achtungserfolg. Reich wurde ich an Geld dadurch nicht, aber jedenfalls reich an Erfahrungen und Erlebnissen.
Mit diesem Paradigmenwechsel vom ursprünglichen Musikbusiness, wie ich es in meinen Anfangsjahren auch noch kennenlernen durfte, hin zum heutigen „Do It Yourself“ Selbstvermarktungsprinzip habe ich damals wie heute so meine Problemchen. Nicht, weil ich ein konservativer Starrkopf und Früher war alles besser-Denker bin - ganz und gar nicht - sondern, weil ich nach wie vor ein Fan von Professionalität und Berufung bin. Was meine ich damit: Irgendwann in den letzten zwanzig Jahren, ist das ganze System dann wohl sukzessive gekippt. Meiner Beobachtung nach einhergehend mit dem gratis Erwerb von Musik. Hatte ich noch meine eigene CD- und Plattensammlung in meinem Jugendzimmer und horchte diese von vorne bis nach hinten und von oben bis nach unten tausendfach durch, so haben meine Söhne heutzutage die halbe, wenn nicht mittlerweile sogar ganze Musikgeschichte für einen kleinen monatlichen Beitrag, den der Papa bezahlt, am Smartphone, ja dem künstlich intelligenten Volksempfänger der Jetztzeit.
Die Tantiemen, die man als Urheber, ja Musikschaffender für Plays, ja Einsätze im Online-Streaming bekommt, sind so lächerlichst klein, dass man sich damit auch bei mehreren Tausend Darbietungen noch kein Lego Häuschen ohne Garten und Garage bauen könnte. Im Gegensatz dazu verdienen sich die Content-Provider wie Spotify, Apple, Deezer, YouTube oder wer auch immer, krumm und dämlich. Ja, wir leben im Pay for Play Deluxe Zeitalter. Egal, ob als Act in den unzähligen, aber auch immer weniger werdenden Live-Clubs der Metropolen dieser Welt oder als einer von zahllosen Künstlern mit einem neuen, selbstproduzierten Video auf YouTube: wenn dich wer sehen soll, dann bezahle dafür. Ja, dieses Modell kennt man natürlich aus der klassischen Werbung jahrzehntelang ganz gut. Dies funktioniert auch, wenn durch den Verkauf der beworbenen Produkte ein Revenue, ja ein finanzieller Kreislauf generiert werden kann. Wenn nicht, ist es mehr oder minder betriebswirtschaftlich sinnlos oder wie man hierzulande so schön sagt, Liebhaberei. Klar ist dieses Thema noch viel komplexer, aber ich verspüre gerade nicht die Lust, hier noch weiter zu graben. Das geöffnete Loch ist tief genug, der Einblick groß genug.
Die Tantiemen, die man als Urheber, ja Musikschaffender für Plays, ja Einsätze im Online-Streaming bekommt, sind so lächerlichst klein, dass man sich damit auch bei mehreren Tausend Darbietungen noch kein Lego Häuschen ohne Garten und Garage bauen könnte. Im Gegensatz dazu verdienen sich die Content-Provider wie Spotify, Apple, Deezer, YouTube oder wer auch immer, krumm und dämlich. Ja, wir leben im Pay for Play Deluxe Zeitalter. Egal, ob als Act in den unzähligen, aber auch immer weniger werdenden Live-Clubs der Metropolen dieser Welt oder als einer von zahllosen Künstlern mit einem neuen, selbstproduzierten Video auf YouTube: Egal. Bevor es jetzt noch trockener und uninteressanter wird, wechsle ich schnell das Thema. Ich schreibe und rede mich sonst noch in einen fieberhaften Gedankenkreisel hinein. Ich wollte mit euch ja stattdessen noch meine frischen Erfahrungen mit Körpertemperaturen jenseits der 40 Grad Celsius teilen.
Es gibt mehrere mir schon bekannte und erlebte Wege zur inneren Stille, ja, dem Wachsein ohne zu denken. Mitte Zwanzig war es mein damaliger spiritueller Lehrer Alexander in Wien, der mich gekonnt durch den Lärm meiner eigenen Gedanken führte, bis ich eines Tages im stillen Kämmerchen plötzlich vor ihm saß begleitet von den Worten: „There is too much noise. What is it that I am trying not to say?“. Erstmals machte ich einen Schritt hinter meine Gedanken und fühlte mich nicht mehr per se und immer damit verbunden, ja emotional involviert. Wenn man keinen Zugang zu der Welt hinter den Gedanken bekommt, hilft es oftmals schon die Pausen zwischen den Wörtern als Stille zu erkennen. Vielen hilft auch die Frage, „Wer bin ich, wenn ich nicht denke?“ ein bissl am Weg dorthin. Manche erleben Stille im Musizieren, manchen gelingt es beim hingabevollen Ausüben einer Sportart, manchen in der Kiste beim Liebe machen, manchen nach dem Rezitieren von Mantren oder Gebeten, manchen kurz vorm letzten Spritzer oder Bier, manchen kurz nachm letzten Joint, manchen durch schlichte Meditation oder wie auch immer. Ich kenne alle Wege ein bissl und praktiziere meistens das Aufsuchen der Stille durch bewusstes Wegatmen sämtlicher Gedanken bis es eben still wird im eigenen Köpfchen. Oder spiele einfach frei drauf los am Klavier. Herrlich. Ich Liebe die Stille und ich glaube, sie liebt mich auch. Scherz. So wie, der von mir sehr geschätzte Josef Hader in einem der wohl besten Österreichischen Filme namens „Indien“ so schön an die Amerikanischen Ureinwohner („Indianer“ darf man ja glaub ich nicht mehr sagen) erinnert: „De aundan, de Indianer, de sitzen wochenlaung vorm Zöt und hoidn de Pappn.“. Herrlich.
Es gibt mehrere mir schon bekannte und erlebte Wege zur inneren Stille, ja, dem Wachsein ohne zu denken. Mitte Zwanzig war es mein damaliger spiritueller Lehrer Alexander in Wien, der mich gekonnt durch den Lärm meiner eigenen Gedanken führte, bis ich eines Tages im stillen Kämmerchen plötzlich vor ihm saß begleitet von den Worten: Der mir neueste Weg zur gedanklichen, inneren Stille offenbarte sich mir vor wenigen Tagen bei 41,4 Grad Fieber. Unter echt heftigen Muskel-, Nerven, ja schlicht Körperschmerzen leidend und jammernd lag ich da mit meinem Nicht-Männerschnupfen und hatte längere Zeit tatsächlich Angst und Panik - ja, ich mag keine Krankenhäuser und wollte mit der lieben Corona echt keinen Ausflug dorthin unternehmen. Ich bin zwar unternehmenslustig, aber nicht so. „So lange dein Blutsauerstoffgehalt nicht unter 85% fällt, kannst beruhigt daham liegen bleiben“, meinte meine liebe Ärztin locker und Corona erfahren am Telefon. So lag ich da, im Kopf ein ängstliches Kopfkino auf Dauerschleife und am Handgelenk meine Apple Watch, stets am Puls und Blutsauerstoffgehalt checken. Ein Horror. Echt ned lustig, auch wenn ich es jetzt so halblustig nacherzähle.
Gerade als ich begann mich mit dem Bild des Axels im weißen Krankenhauskittel irgendwie anzufreunden, gab mein Denken w.o. . Ja, ich konnte plötzlich nicht mehr denken beziehungsweise meinen vielen selbst generierten Gedanken folgen. Sie flogen wie durch ein plötzlich bei Sturm geöffnetes Fenster hinaus in die Ferne. Aber ich schlief auch nicht oder träumte dies, nein. Alles tat weh, nur meine Gedanken nicht mehr. Es wurde still. Ja, ich wurde still. So lag ich da, fühlte, atmete und dachte nicht mehr. Ich kann nicht genau sagen, wie lange dies so dauerte - mein Zeitempfinden war wie weggeblasen. Keine Zeit, keine Gedanken. Und: kein Selbstbild mehr. Einfach nur sein. Nur mehr „ich bin.“, ohne jeglichem Zusatz. Keine Beurteilungen, keine Sorgen, keine Angst, keine Selbstvorwürfe, keine Zweifel. Wach, im Jetzt, aber nicht sich schwach oder krank fühlend. Und alles a bissl wurscht, wie man hier so schön zu sagen pflegt.
Irgendwann griffen die ersten beiden Ibuprofen 400mg Tabletten. Sie holten mich zurück in die Welt der Denkenden. Ich fühlte mich körperlich sukzessive wieder besser und mein Fieber sank auf angenehme 39,2 Grad. „Hui, was für ein Trip“, dachte ich als einen der ersten mir wieder bewusst gewordenen Gedanken. Irgendwann schlief ich dann ein und wachte ein paar Stunden später abermals komplett nass geschwitzt wieder auf. Ach ja übrigens: Ab 40 Grad Fieber schwitzt man nicht mehr so wirklich - da wird alles ganz schön trocken, da oben. Auch nicht uninteressant, finde ich.
Irgendwann griffen die ersten beiden Ibuprofen 400mg Tabletten. Sie holten mich zurück in die Welt der Denkenden. Ich fühlte mich körperlich sukzessive wieder besser und mein Fieber sank auf angenehme 39,2 Grad. „Hui, was für ein Trip“, dachte ich als einen der ersten mir wieder bewusst gewordenen Gedanken. Irgendwann schlief ich dann ein und wachte ein paar Stunden später abermals komplett nass geschwitzt wieder auf. Ach ja übrigens: Nun gut, so schnell möchte ich diesen Stille-Zugang allerdings nicht mehr erleben müssen - da gibt es wie bereits geschildert bessere Zugangstore. Die Coronaviren hat mein Fieber offensichtlich in die Flucht geschlagen, geblieben ist nur mehr eine Superinfektion der Nebenhöhlen, die wir nun hoffentlich bald mithilfe von Antibiotika beenden können.
Das neue Jahr hat begonnen und schon die ersten Überraschungen mit sich gebracht. Siehe auch meine Geschichte mit dem Titel „Angst oder Zuversicht“. Der liebe Februar zeigt sich bereits von seiner altbewährten besten Arschgesichtseite. „Siehst du nicht, die Welt zerbricht. Nicht.“, singe ich am Schluss von „Lieber Februar“ und mit dieser Erkenntnis und Zuversicht möchte ich meinen heutigen Aufsatz, ja dieses superromantische Kurzreferat zu Ende bringen. Das Wesentliche Tag ein und Tag aus bleibt wohl der Fokus, ja die tägliche Suche nach freudvollen Momenten und Augenblicken. Jedes Mal, wenn man fündig wird, macht dieses Leben Sinn. Sowie jeder Moment der Stille. Am besten ohne Fieber. Und ich bleib dabei: Es gilt die Zeit zu nützen, denn sie ist rar.
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